Manchmal ist es beim Recruiting-Prozess wie beim Online-Dating: Du sitzt im Bewerbungsgespräch und merkst schon nach 5 Minuten, dass der Kandidat oder die Kandidatin vor deiner Nase leider gar nicht passt. Wie kommst du jetzt raus aus der Nummer – ohne Imageschaden? Du hast eigentlich nur eine Wahl: Das Interview professionell bis zum Ende durchzuziehen, ohne den oder die Kandidatin etwas merken zu lassen. Solche Bewerbergespräche sind nicht nur frustrierend, sondern auch extreme Zeitfresser. Hier erfährst du, wie du solche Fehler vermeiden und deine Bewerberauswahl optimieren kannst.
Führe eine saubere Anforderungsanalyse durch
Dazu gehört, sich neu und unvoreingenommen mit den Anforderungen an die Stelle auseinanderzusetzen. Oft wird eine Stelle schnell ausgeschrieben und dafür einfach eine alte, bereits veröffentlichte Stellenanzeige genutzt. Das scheint plausibel, etwa, weil es sich um die gleiche oder eine ähnliche Position handelt. Im Nachgang kann das jedoch viel Zeit kosten, etwa weil zwischenzeitliche Entwicklungen im Unternehmen nicht berücksichtigt werden oder die alte Stellenausschreibung bereits Schwächen enthält. In der Folge bewerben sich ungeignete Kandidat:innen, weil die Erwartungen nicht klar sind.
Besser ist es, die Erwartungen an die Stelle vorher genau abzuklopfen. Dafür gibt es verschiedene Methoden, die wir dir einmal kurz vorstellen möchten. So kannst du bei der Anforderungsanalyse vorgehen:
- erfahrungsgeleitet-intuitiv: Diese Methode zielt darauf ab, Personen zu befragen, die sich mit der Position sehr gut auskennen. Das kann ein Teamlead der zu besetzenden Stelle oder Mitarbeiter:innen in gleicher Position. Diese leiten dann die Anforderungen aus der Tätigkeit ab. Damit es intuitiv, also quasi aus dem Bauch heraus bleibt, sollten die Befragten über viel Routine und Expertise in der Tätigkeit haben. Für neue Mitarbeiter:innen mit wenig Erfahrung ist die Methode nicht so gut geeignet.
- arbeitsplatzanalytisch: Hier kommen teil- oder vollstandardisierte Verfahren zur Anwendung in Form von Interviews oder Fragebögen. Darin werden konkrete berufliche Tätigkeiten abgefragt und daraus am Ende die Anforderungen abgeleitet. Diese Methode ist sehr aufwändig, liefert aber sehr gute Ergebnisse.
- personenbezogen-empirisch: Hier wird mit Statistik gearbeitet indem Anforderungen aus den statistischen Zusammenhängen zwischen Merkmalen von Berufstätigen und Erfolgskennzahlen abgeleitet werden. Z.B. wird analysiert, welche Ausprägungen besonders erfolgreiche Mitarbeiter in bestimmten Merkmalen haben. Diese werden dann bei den Bewerbern getestet und die Werte mit dem Wert der besonders erfolgreichen Mitarbeiter verglichen. Hierfür braucht man ein gutes Methodenwissen.
Gib Bewerber:innen die Chance zur Selbstselektion
Wie gehen Bewerber:innen bei der Stellensuche vor? Die meisten werden schon anhand der Stellenanzeige reflektieren, ob sie selbst zu der Stelle passen oder nicht. Das passiert unweigerlich beim Lesen der Stellenanzeige und ist auch gut so, denn es schützt vor Fehleinstellungen.
Diesen Prozess kannst du unterstützen, indem du möglichst konkret bist und viele Einblicke darauf gibst, was Bewerber:innen in deinem Unternehmen erwartet. Ein wichtiger Baustein hierfür ist das Aufgabenprofil. Das Aufgabenprofil ist für viele Bewerber:innen das entscheidende Kriterium bei der Bewerbung. Sie fragen sich: Ist das etwas, was ich machen möchte? Trau ich mir das zu? Kann ich mich mit diesen Aufgaben identifizieren? Durch eine konkrete Beschreibung der zukünftigen Aufgaben können Bewerber:innen selbst einstufen, ob sie sich den Aufgaben gewachsen fühlen.
Schärfe deinen Eindruck von potenziellen Kandidat:innen bevor du sie einlädst
Du hast die Bewerbungsunterlagen vor dir liegen und hältst den oder die Kandidat:in für geeignet. Dann sollte dein nächster Griff zum Telefon gehen. Denn ein kurzes, gerne auch spontanes Telefonat kann dir extrem dabei helfen, einen besseren und authentischen Eindruck von der Person zu gewinnen. Oft fallen hier direkt Dinge auf, die man sonst erst im Vorstellungsgespräch erfahren hätte, wie zum Beispiel nicht ausreichende Sprachkenntnisse.
Eine weitere Möglichkeit, um deine Bewerberauswahl zu optimieren, sind Online-Tests. Diese geben dir bereits Aufschluss über logisches und analytisches Denkvermögen deiner Kandidat:innen. Hier ist aber zu beachten, dass es Bewerber:innen auch abschrecken kann und es Personen gibt, die dadurch abspringen oder sich gar nicht erst bewerben. Du solltest dir also gut überlegen, ob du diese Möglichkeit einsetzen möchtest.
Erwartungsmanagement für eine gute Bewerberauswahl
Ein gutes Erwartungsmanagement führt im Ergebnis dazu, dass alle Beteiligten genau verstanden haben, welche Erwartungen an sie gestellt werden, d.h., welche Leistung sie also zu erbringen haben, aber auch, mit welchen Leistungen sie im Gegenzug rechnen können. Sind diese Erwartungen unklar, kommt es leicht zu Missverständnissen und somit auch zu Konflikten. Erwartungen sollten daher immer klar kommuniziert werden. Ein einfaches Beispiel: Ihr bietet Homeoffice an, verlangt jedoch mindestens zwei Präsenztage von euren Mitarbeiter:innen. Dann solltet ihr deutlich kommunizieren, dass es sich nicht um eine full remote Stelle handelt. Steht in der Stellenanzeige unter Benefits nur “Homeoffice”, so kann das alles mögliche bedeuten. Hier können schon die ersten Missverständnisse entstehen, wenn Bewerber:innen darin die Möglichkeit für full remote sehen, dann aber später erfahren, dass dies nicht der Fall ist. Vermerkt lieber: “Homeoffice an 3 von 5 Tagen möglich” oder “Homeoffice (kein full remote)”. So beugt ihr diesem Missverständnis bereits vor.
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Häufige Fragen zur Bewerberauswahl
Die Bewerberauswahl oder auch das Bewerber Screening ist einer der wichtigsten Schritte im Recruiting, denn hier legst du fest, wer im Prozess weiterkommt und wer nicht. Eine gute Vorauswahl ist wichtig, um den Prozess effizient zu halten und nicht Dutzende von Stunden mit den falschen Kandidat:innen zu verschwenden.
Das Ziel ist, nur solche Kandidat:innen zum Gespräch einzuladen, die die größten Chancen haben, die Stelle auch zu besetzen. Dafür ist zum Beispiel ein gutes Erwartungsmanagement wichtig, damit Bewerber:innen genau wissen, was sie in deinem Unternehmen erwarten wird.
Es gibt formale Kriterien, die sich auf die Bewerbung als solche beziehen, etwa, ob Anschreiben und Lebenslauf aktuell und fehlerfrei sind. Auch die Gestaltung der Unterlagen wird hier mit einbezogen.
Es gibt Muss-Anforderungen, also solche, die für die Stelle unverzichtbar sind. Diese werden auch unverzichtbare Kompetenzen genannt. Und es gibt Kann-Anforderungen, also solche, die wünschenswert sind, aber nicht ausschlaggebend für eine Bewerbung.